Kulinarische Kolumne.
Im 18. Jahrhundert galt die Zunft der Metzger als das überhaupt beste Handwerk der Welt. So stand es zumindest im damals maßgebenden Lexikon. Die Kürschner würden, so hieß es weiter im Text, zwar dasselbe von ihrem Beruf behaupten, da Gott seinerzeit Adam und Eva Kleidung aus Fell gegeben habe. Aber, so das Nachschlagewerk weiter, die Lämmer hätten zunächst geschlachtet werden müssen, bevor man ihnen das Fell abziehen konnte. Also hatten die Metzger rein ablauftechnisch den Vorrang. Und die besseren Karten. Zeiten ändern sich. Und Lehrplätze beim Metzger oder Kürschner sind mittlerweile in der Beliebtheitsskala bei Jugendlichen weit nach hinten gerückt. Was schade ist, weil Handwerk glücklich macht, nachweislich. Und das nicht nur zu Zeiten von Adam und Eva.
Etwas mit seinen eigenen Händen zu schaffen, das anderen Menschen Freude bringt, ist geradezu glücksspendend. Und das Ergebnis ist womöglich sogar noch schmackhafter als der verlockende Apfel vom Baum der Erkenntnis. Denn ein inhabergeführter Handwerksbetrieb wie der unsere, wo Produkte mit Sorgfalt und Liebe hergestellt werden, ist keinesfalls mit einem Lebensmittel-Industriebetrieb zu vergleichen. Dort definiert man sich hauptsächlich über den Preis, nicht über die Qualität der Ware oder Beratung. Dagegen zählt beim Metzger vor Ort das Handwerk. Und die Fähigkeit, im Dialog mit der Kundschaft erklären zu können, was etwa der Unterschied zwischen einem Entrecote und einem Tafelspitz ist. Lebensmittelskandale spielen dem regionalen Betrieb vor Ort, dem „Metzger des Vertrauens“, zusätzlich in die Hände, denn wir Menschen setzen wieder auf Qualität. Regionalität ist einfach nicht kopierbar. Und so genannte Bio- und Regionalsiegel als Lockmittel können nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich oftmals um verworrene „Feigenblatt-Aktionen“ handelt.
Womit wir, über das Feigenblatt, wieder bei Adam und Eva wären. Und dabei, dass es manchmal ganz interessant sein kann, unter das Blatt zu blicken um zu sehen, was sich verbirgt. Hinter Versprechungen großer Konzerne einerseits. Hinter dem Berufsbild „Metzger“ andererseits. Längst hat sich der traditionsreiche Beruf eines Metzgers zu einem modernen Dienstleistungs-Beruf mit Hightech-Komponenten, die vor Jahren noch undenkbar erschienen, gemausert und entwickelt. Hier lohnt sich ein genauer Blick: Vor allem für junge Menschen, die etwas für Vielfalt übrig haben. Zukunftsperspektiven, gute Chancen auf Ausbildungsplätze und Verdienstmöglichkeiten sind in den beiden Ausbildungsberufen Metzger und Fleischereiverkauf hervorragend. Sogar die BILD empfahl jungen Menschen mutig weg zu denken von Haarfön und Hebebühne und kreativ und zukunftsorientiert hin zu Fleischermesser und Wursttheken. Vielleicht auch deshalb, weil sich unsere Prioritäten verändert haben.
Eine Zeitlang hatten wir Deutsche im europäischen Vergleich zwar die teuersten Kücheneinrichtungen, aber was darin zubereitet wurde, hatte wenig mit Ferrari und mehr mit Schrottkarre zu tun: Es konnte nicht günstig genug sein, Hauptsache viel und billig war die Devise. Heute geht es wieder um die Wurst! Im doppelten Wortsinn. Ein Spruch, der übrigens nicht aus dem Fleischerjargon, sondern aus dem Volk kommt. Winkte doch bei Wettkämpfen früher als Preis oft die Wurst, ein üppiger Gewinn für arme Leute. Eine gute Wurst, nach dem (echten) Regionalprinzip hergestellt, von Handwerkern gefertigt und von echten Gourmets verkauft, die nicht selten über ein umfangreiches Wissen auf dem Gebiet der Ernährungslehre verfügen, ist immer noch ein großes Glück! Und auch wenn Kreativität eine größere Rolle spielt als zu Zeiten von Adam und Eva, so steht das handwerkliche Können trotzdem immer an erster Stelle. Ein Metzger aus der Region arbeitet für die Region und schafft Mehrwert vor Ort. Nicht zu ersetzen durch Industriebetriebe, weder mit, noch ohne Feigenblatt.